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Glaube und Rechtfertigung bei Jakobus

(Jakobus 2:14-26)

 

Einführung in den Jakobusbrief

 

  Wir wissen nicht, welcher Jakobus der Verfasser dieses Briefes ist. In Frage kommen die beiden Jünger und Apostel Jesu Christi, und zwar Jakobus, der Sohn des Zebedäus und Bruder des Johannes, sowie Jakobus, der Sohn des Alphäus (Mat.10:2), ferner Jakobus, der Halbbruder unseres Herrn (Mat.13:55).

  Jakobus, der Sohn des Zebedäus, war von unserem Herrn Jesus Christus zusammen mit Petrus und Johannes auf den Berg hinauf mitgenommen worden, wo der Herr umgestaltet wurde, sodass Sein Angesicht wie die Sonne leuchtete und Seine Kleidung weiß wie das Licht wurde. Mose und Elia erschienen ihnen in einer Vision vom zukünftigen Königreich Israels (Mat.17:1-9). Dieser Jakobus wurde im Jahre 44 von König Herodes Agrippa I durch das Schwert hingerichtet (Ap.12:2).

  Von Jakobus, dem Sohn des Alphäus, berichtet die Heilige Schrift über seine Berufung zum Apostel hinaus nichts.

  Jakobus, dem Halbbruder unseres Herrn, war Jesus Christus nach Seiner Auferstehung erschienen (1.Kor.15:7); er hatte, als der Apostel Petrus Jerusalem verließ, bereits die führende Stellung in der dortigen Gemeinde inne (Ap.12:17). Auf der Zusammenkunft der Apostel und Ältesten in Jerusalem etwa im Jahre 49 entschied er zur Frage, ob die Gläubigen aus den Nationen beschnitten werden müssten, dass jenen keine weitere Bürde aufzuerlegen sei als sich fernzuhalten von Götzenopfern, von Blut und Ersticktem und von Hurerei (Ap.15). Jakobus war ein Eiferer für das Gesetz (Ap.21:20).

  Der Brief ist vermutlich von dem unter den Dreien herausragenden Mann, dem Apostel Jakobus, dem Sohn des Zebedäus, verfasst worden. Wer aber auch immer der Verfasser war, bezeichnend ist, dass er den Namen Jakobus und damit denselben wie Israels Stammvater Jakob trug. Jakobus als Absender bedeutet: Hier schreibt ein Repräsentant Israels.

  Der Brief ist an die zwölf Stämme in der Zerstreuung gerichtet. Die zwölf Stämme Israels wohnten seit ihrer Wegführung in die assyrische und die babylonische Gefangenschaft im Raum des nachmaligen persischen und griechischen Weltreichs und später auch des römischen Reiches. Der Brief richtet sich nicht nur an die Gläubigen aus den zwölf Stämmen, sondern spricht durchaus alle Juden an, da sie als Angehörige des auserwählten Volkes eine besondere Beziehung zu Gott haben.

  Der Jakobusbrief dürfte einer der frühesten Briefe des Neuen Testaments sein. Er steht dem Inhalt nach den Reden Jesu, besonders der sogenannten Bergpredigt, sehr nahe, auch in der Darstellungsform der Spruchweisheit.

  Es sei eingangs auch sogleich gesagt, dass der Abstand zu den Paulusbriefen recht groß und deutlich ist. Anklänge an das dem Apostel Paulus eigens enthüllte Evangelium (Gal.1:12) sind nicht vorhanden. Es lässt sich des Weiteren feststellen, dass der Jakobusbrief nicht in einer etwaigen Auseinandersetzung mit den Paulusbriefen verfasst wurde, sondern völlig unabhängig davon.

  Dem Inhalt nach gehört der Jakobusbrief in die pfingstliche Heilsverwaltung. Verwaltung (griech. oikonomia) kann auch mit Haushaltung wiedergegeben werden und meint eine besondere Verfahrensordnung Gottes in einem bestimmten Zeitraum. So leben wir heute in der heilsgeschichtlichen Verwaltung der überströmenden Gnade Gottes, die dem Apostel Paulus für uns, die aus den Nationen, gegeben wurde (Eph.3:2,8,9; Kol.1:25). Der Jakobusbrief jedoch wurde in der pfingstlichen Verwaltung geschrieben, die vom Pfingsttag an bis zur Absonderung des Barnabas und des Saulus zu einem besonderen Werk dauerte (Ap.13:2), und wendet sich an die Juden, die das Königreich Israels erwarteten. Saulus diente damals noch in der jüdischen Gemeinde im syrischen Antiochien und dürfte von keiner anderen Erwartung als der von den Propheten und dem Herrn Jesus Christus verkündigten Verheißung des Königreichs Israels auf der Erde gewusst haben. Unsere Erwartung, nämlich in das überhimmlische Königreich des Sohnes Gottes entrückt zu werden (Eph.2:6; 1.Thess.4:13-18; 2.Tim.4:18), war damals noch nicht bekannt.

  Gegenwärtig, in unserer Verwaltung - Israel ist noch verstockt und verworfen (Röm.11:15,25) -, redet uns der Jakobusbrief nicht direkt an. Selbstverständlich hat er uns mittelbar auch Wertvolles zu sagen, wissen wir doch aus 2.Timotheus 3:16,17: »Alle Schrift ist gottgehaucht und nützlich zur Belehrung, zur Überführung, zur Zurechtweisung, zur Erziehung in Gerechtigkeit, damit der Mensch Gottes zubereitet sei, ausgerüstet zu jedem guten Werk.« Wir, die Glieder der Gemeinde, die  Christi Körper ist (Eph.1:22,23), aus allen Nationen stammend, allein aus Gnade und durch Glauben gerechtfertigt, erfahren das uns betreffende Wort unseres Herrn Jesus Christus durch die Paulusbriefe (1.Tim.2:6,7). »Sein Wort aber hat Er zu den [Ihm] eigenen [dafür vorgesehenen] Fristen offenbart durch die Heroldsbotschaft, mit der ich [Paulus] betraut bin« (Tit.1:3).

 

Das Evangelium der Zwölf

 

  Das Evangelium der Beschneidung (Gal.2:7), das in der damaligen pfingstlichen Verwaltung den zwölf Aposteln zu verkündigen aufgetragen war, lehrt Rettung durch Glauben und Werke, wie auch unser Herr Jesus Christus verkündigte: »Glückselig sind die sich Erbarmenden, denn sie sollen Erbarmen erlangen« (Mat.5:7). »Wenn eure Gerechtigkeit die der Schriftgelehrten und Pharisäer nicht weit übertrifft, werdet ihr keinesfalls in das Königreich der Himmel eingehen« (Mat.5:20). »Wenn ihr den Menschen ihre Kränkungen nicht vergebt, wird euer Vater euch eure Kränkungen auch nicht vergeben« (Mat.6:15). »Nicht jeder, der zu Mir sagt: Herr! Herr!, wird in das Königreich der Himmel eingehen, sondern nur, wer den Willen Meines Vaters in den Himmeln tut« (Mat.7:21). »Ich bin der wahrhafte Weinstock, und Mein Vater ist der Winzer. Jede Rebe an Mir, welche keine Frucht bringt, die nimmt er fort« (Joh.15:1,2).

  Dementsprechend schrieb Petrus, dass nur diejenigen Gläubigen in das äonische Königreich des Herrn Jesus Christus eintreten, die ihre Berufung und Auserwählung durch edle Werke bestätigen (2.Pet.1:10,11). Der Apostel Johannes lehrt, dass derjenige lügt, der sagt, er habe Gemeinschaft mit Gott und dabei in der Finsternis wandelt. Wer sagt, er habe Gott erkannt, die Gebote aber nicht hält, in dem ist nicht Gottes Wahrheit (1.Joh.1:6; 2:4). Ebenso gibt Jakobus zu wissen, dass nur derjenige, der sich in der Versuchung bewährt, den Kranz des Lebens erhält (1:12). Jakobus stellt nüchtern fest: »Werdet aber Täter des Wortes und nicht solche, die nur darauf lauschen, sonst hintergeht ihr euch selbst« (1:22).

  Bei uns dagegen verhält es sich so: Wen Gott vorherbestimmt hat, dem Bilde Seines Sohnes gleichgestaltet zu werden, den beruft Er auch; und wen Er beruft, den rechtfertigt Er auch; und wen Er rechtfertigt, den verherrlicht Er auch (Röm.8:30). Als wir das Wort der Wahrheit, das Evangelium von unserer am Kreuz geschehenen Rettung, hörten und glaubten, wurden wir mit dem Geist Gottes unverbrüchlich versiegelt zur Rettung allein aus Gnaden (Eph.1:13).

 

Der Glaube bei Jakobus

 

  Jakobus beginnt den Abschnitt unserer Betrachtung, nämlich Kapitel 2:14-26, mit der Frage: »Worin besteht der Nutzen, meine Brüder, wenn jemand sagt, er habe Glauben, Werke aber hat er nicht? Dieser Glaube kann ihn nicht retten!«

  Das erste Ergebnis seiner Belehrung ist: Mit einem Glauben, der keine Werke hervorbringt, ist niemandem geholfen. Dies schildert er in den Versen 15 und 16 sehr anschaulich: »Wenn ein Bruder oder eine Schwester ohne Kleidung ist und es ihnen an der täglichen Nahrung fehlt, jemand von euch aber zu ihnen sagte: Geht hin in Frieden, wärmt und sättigt euch!, doch ihr gäbet ihnen nicht, was für den Körper erforderlich ist, was wäre der Nutzen für sie?«

  Das zweite Ergebnis seiner Unterweisung ist: »Dieser Glaube kann ihn nicht retten!« Klarer kann man es nicht sagen: Keine Rettung für den, der nicht gute Werke tut. Ein Glaube, der sich nicht in edlem Verhalten äußert, ist kein rettender Glaube; ein solcher Glaube rettet nicht von der Strafe für die Sünden und aus dem Tode sowie für das Israel verheißene Königreich der Himmel. (Dieser Begriff ist übrigens aus Daniel 2:44 entwickelt und meint das Königreich des Gottes der Himmel.) - Wie ganz anders sind wir dagegen durch den Apostel Paulus belehrt: »Wir rechnen damit, dass der Mensch durch Glauben gerechtfertigt wird, ohne Gesetzeswerke« (Röm.3:28). »Wer nun Werke wirkt, dem wird der Lohn nicht aus Gnaden angerechnet, sondern aus Schuldigkeit. Wer aber solche nicht wirkt, jedoch an den glaubt, der den Unfrommen rechtfertigt, dem wird sein Glaube zur Gerechtigkeit angerechnet« (Röm.4:4,5).

  Das dritte Ergebnis der Ermahnung des Jakobus ist: Wenn der Glaube nicht Werke veranlasst, ist er in sich selbst tot (Vers 17). Dies ist dann kein Glaube. Vers 19 enthält eine grundlegende Glaubensaussage: »Du glaubst, dass Gott Einer ist. Trefflich tust du; aber auch die Dämonen glauben und schaudern dabei.« Der Glaube, dass Gott Einer ist, mit anderen Worten: dass es nur einen Gott gibt, ist für alle Juden etwas Selbstverständliches. Doch dieser Glaube allein bringt ihnen noch keine Rechtfertigung und Rettung vor dem Gott ihres Volkes ein.

 

Glaube und Werke

 

  In Vers 18 führt Jakobus zwei Sätze aus einem möglichen Streitgespräch an: »Doch es wird jemand erwidern: Du hast Glauben, und ich habe Werke! Zeige mir deinen Glauben ohne Werke, und ich werde dir meinen Glauben aus meinen Werken zeigen.« Glauben ohne Werke kann man nicht zeigen. Werke sind gewiss ein Hinweis auf den Glauben. Da man niemandem ins Herz sehen kann, kann man nur dann einen Glauben als vorhanden erkennen, wenn er Werke veranlasst. - Eine solche Beweisführung entspricht nicht dem uns angehenden Glaubensgut. Uns belehrt der Apostel Paulus: »Der feste Grund Gottes besteht und hat dies Siegel: Der Herr kennt, die Sein sind« (2.Tim.2:19). Dass unser Herr uns kennt, das ist entscheidend für uns.

  Das Evangelium der Beschneidung fordert als Bedingung zur Rettung Werke, und zwar Werke der Liebe (1.Joh.4:7,8,11). Damit sind zugleich üble Werke ausgeschlossen. Wie ernst ist doch des Petrus Ermahnung: »Wenn sie durch die Erkenntnis unseres Herrn und Retters Jesus Christus dem Unflat der Welt entflohen sind, dann aber doch wieder in diese Dinge verflochten werden und unterliegen, so ergeht es ihnen zuletzt ärger als zuvor. Denn es wäre besser für sie, den Weg der Gerechtigkeit nicht erkannt zu haben« (2.Pet.2:20,21)! Wiederum schreibt der Apostel Paulus uns etwas anderes: »Es stehe ab von der Ungerechtigkeit jeder, der den Namen des Herrn nennt« (2.Tim.2:19). Wir, die wir mit heiligem Geist versiegelt sind (Eph.1:13), gehen unserer Rettung nicht verlustig - überströmend ist die Gnade (Röm.5:20) -; jene damals verloren ihren Platz im kommenden tausendjährigen Königreich Israels. In völliger Übereinstimmung mit dem Evangelium der Beschneidung, das in der Heilsverwaltung des Pfingsten in der Königreichsgemeinde verkündigt wurde, darf Jakobus mit vollem Recht scharf ermahnend die rhetorische Frage stellen: »Willst du wohl erkennen, o leerer Mensch, dass der Glaube, getrennt von Werken, tot ist?« (Vers 20). - Wahrer Glaube bei Jakobus ist somit einer, der Werke hervorbringt. Dieser Glaube rettet.

  Nach dem uns heute angehenden Evangelium sind wir allein in der Gnade Gerettete. Wir wissen, dass wir bereits Gerettete sind, obwohl die auch unseren Körper umfassende Rettung noch nicht vollzogen ist (Eph.2:5; Röm.8:23,24,29,30). »In der Gnade seid ihr Gerettete«, stellt Paulus in Epheser 2:8-10 fest, »durch Glauben, und dies ist nicht aus euch, sondern Gottes Nahegabe, nicht aus Werken, damit sich niemand rühme. Denn wir sind Sein Tatwerk, erschaffen in Christus Jesus für gute Werke, die Gott vorherbereitet, damit wir in ihnen wandeln.« Diese überwältigende Gnade, in der wir stehen, entfaltet ihre Kraft in uns, wie Paulus in 1.Korinther 15:10 bekennt: »In der Gnade Gottes aber bin ich, was ich bin; und Seine Gnade, die in mir wirkt, ist nicht vergeblich gewesen; sondern weit mehr als sie alle mühe ich mich, jedoch nicht ich, sondern die Gnade Gottes, die mit mir ist.«

  Ebenso ist auch der Glaube, den Gott uns für Christus - zu Christi Ehre - gewährt hat (Phil.1:29), eine große Kraft. Der Glaube ist ein lebendiges Geschenk des Geistes Gottes und, da wir mit dem heiligen Geist versiegelt sind (Eph.1:13), unverbrüchlich und niemals in sich tot. Der Glaube ist schlechthin wirksam, weil er eine Wirksamkeit des Geistes Gottes ist, und zwar ist er durch die Liebe wirksam, vermerkt Paulus in Galater 5:6, durch die Liebe, die Gott uns ins Herz gesenkt hat (Röm.5:5). Doch das Auswirken unseres Glaubens trägt nichts zu unserer Rettung bei.

 

Die Rechtfertigung bei Jakobus

 

  Jakobus führt nun ein Beispiel dafür an, dass Glaube und Werke zusammengehören und macht dabei auch grundsätzliche Lehraussagen. Er schreibt in den Versen 21 bis 24: »Wurde nicht Abraham, unser Vater, aus Werken gerechtfertigt, da er seinen Sohn Isaak auf dem Altar darbrachte? Daran siehst du, dass der Glaube mit seinen Werken zusammenwirkte und der Glaube erst aus den Werken vollkommen gemacht wurde. So wurde die Schrift erfüllt, die sagt: Und Abraham glaubt Gott; und es wird ihm zur Gerechtigkeit angerechnet, und er wurde Freund Gottes genannt. Daraus seht ihr, dass der Mensch aus Werken gerechtfertigt wird und nicht aus Glauben allein.«

  Wenn wir den ersten Teil des Verses 21 hören: »Wurde nicht Abraham, unser Vater, aus Werken gerechtfertigt ...?«, so wundern wir uns sicherlich, denn wir wissen, dass Abraham durch Glauben gerechtfertigt wurde. Diese Gnade erhielt er ganz unabhängig von irgendwelchen Werken. Damals jedoch war er noch unbeschnitten (1.Mose 15:6; Röm.4:9,10). Aus diesem Grund ist die Rechtfertigung allein aus Glauben auch kein Bestandteil des Evangeliums der Beschneidung. Die Beschneidung trat erst später in Abrahams Leben ein. Gott ordnete sie an und setzte sie ein als einen äonischen Bund zwischen Ihm und Abraham und seinem Samen nach ihm. Dies geschah, als er Abraham mit den bedeutsamen und ermahnenden Worten begegnete: »Ich bin El, der Allgenugsame; wandle vor Mir und sei makellos« (1.Mose 17:1,9-14). Von da an ist der Wandel, den Gott forderte, für die Beschneidung von zentraler Bedeutung. Wandel ist das Losungswort des Evangeliums für die Beschneidung. Ein Glaube, der keine Werke veranlasst und daher in sich selbst tot ist, führt unter dem Bund der Beschneidung zu keiner Rechtfertigung. Wenn wir nun den zweiten Teil von Jakobus 2:21 in unsere Betrachtung einbeziehen, dann verstehen wir, welche Glaubenswerke Abrahams (hier ist ja nicht die Rede von Gesetzeswerken) Jakobus im Auge hat, nämlich: »... da er seinen Sohn Isaak auf dem Altar darbrachte.« Dieses Ereignis lag etwa zwei Jahrzehnte oder noch mehr Jahre später als die Zusage Jewes an Abram, dass sein Same so zahlreich wie die Sterne werde, woraufhin die Schrift berichtet: »Abram glaubte Jewe, und Er rechnete es ihm zur Gerechtigkeit an« (1.Mose 15:6). Nach den Worten des Jakobus wurde jedoch genau dieses Schriftwort durch die Darbringung Isaaks erfüllt, durch eine Tat, die Abraham ganz und gar im Glauben vollbrachte (Heb.11:17-19). Für einen Diener der Beschneidung ist diese Tat des beschnittenen Urvaters Abraham ein großes Beispiel dafür, wie Glaube und Werke zusammenwirken müssen und wie der Glaube aus den Werken vollkommen gemacht wird.

  Wir aber sind ein für allemal allein durch Glauben gerechtfertigt, so wie wir ein für allemal zusammen mit Christus starben (Röm3:28; 6:10,11).

  Was ist Rechtfertigung? Rechtfertigung ist die Erklärung eines Menschen zu einem Gerechten. Rechtfertigen (griech. dikaioõ, wörtlich: gerecht machen) bedeutet für gerecht erklären.

 

Das Glaubenswerk Abrahams

 

  Das Werk Abrahams stand nicht allein, sondern war Auswirkung seines gottgewirkten und somit kraftvollen Glaubens. Vernehmen wir nun, wie Jakobus seine Aussage erklärt. Er schreibt in Vers 22: »Daran siehst du, dass der Glaube mit seinen Werken zusammenwirkte und der Glaube erst aus den Werken vollkommen gemacht wurde.« Wenn Jakobus also von Werken spricht, weiß er stets, dass der Glaube das Entscheidende ist, denn das Werk Abrahams gründete sich auf den Glauben, durch den er schon lange gerechtfertigt war. Ohne Glauben hätte Abraham dies niemals tun können. Der Glaube ist grundlegend für die Werke, die nach dem Evangelium der Beschneidung erbracht werden müssen. Jakobus stellt den zwölf Stämmen in diesem Zusammenhang das vollkommene Glaubenswerk Abrahams als nachahmenswertes Beispiel vor Augen.

  Abrahams Glaube wurde in Erfüllung der Schrift vollkommen gemacht, erklärt Jakobus in Vers 23: »So wurde die Schrift [vollständig] erfüllt, die sagt: Und Abraham glaubt Gott; und es wird ihm zur Gerechtigkeit angerechnet, und er wurde Freund Gottes genannt.« Das Zitat aus 1.Mose 15:6 wird hier als ein Verheißungswort erkannt, das seine Erfüllung in der beabsichtigten Opferung seines Sohnes Isaak fand. Aus der Tatsache, allein durch Glauben von den Sünden gerechtfertigt zu sein, folgt nämlich, dass Gott mit einem so gesegneten Menschen etwas erreichen will, und zwar einen Wandel zu Gottes Verherrlichung. Es liegt auf der Linie des Evangeliums für Israel, dass die Darbringung Isaaks Abraham die mit einem Schwur Jewes verbürgte Verheißung zahlreicher Nachkommen einbrachte und Segen für alle Nationen der Erde. Der Bote Jewes hatte zu Abraham gesagt (1.Mose 22:16-18): »Ich habe bei Mir Selbst geschworen, erklärt Jewe, dass, weil du diese Sache getan und deinen Sohn, deinen einzigen, Mir nicht vorenthalten hast, Ich dich segnen, ja segnen und deinen Samen mehren, ja mehren werde wie die Sterne der Himmel und wie den Sand, der am Gestade des Meeres ist. Und dein Same soll das Tor seiner Feinde einnehmen, und alle Nationen der Erde werden sich in deinem Samen segnen insofern, weil du auf Meine Stimme gehört hast.« Jewe hatte ausdrücklich von Abrahams Tun gesprochen, nämlich »weil du diese Sache getan hast.« Die daraus erwachsenden Segnungen für die Nationen der Erde sind Bestandteil der Segnungen für Israel und somit für die irdische Sphäre.

  Mit Vers 24 fasst Jakobus das Erarbeitete zusammen: »Daraus seht ihr, dass der Mensch aus Werken gerechtfertigt wird und nicht aus Glauben allein«. Möge Israel es beherzigen! Dann wird es gesegnet sein und zum Segen für alle Nationen der Erde werden.

  Wir jedoch, die Glieder der Gemeinde, die Christi Körper ist, die wir aus allen Nationen herausgerufen und allein durch Glauben gerechtfertigt sind, haben eine überhimmlische Berufung und somit rein geistliche und überhimmlische Segnungen (Eph.1:3). Wir sind für das überhimmlische Königreich Christi bestimmt (Eph.2:6; 2.Tim.4:18). Im Rahmen der Bestimmung Israels dagegen, das ein königliches und priesterliches Volk auf der Erde sein wird und sich deshalb durch gute Werke auf der Erde zu bewähren hat - wer zur führenden Nation gehören will, muss vorbildlich wandeln -, kann Abraham als Vorbild des Glaubens und Tuns trefflich herangezogen werden. Es waren Abrahams Glaube und sein Werk des Gehorsams, welche Israel zum Segen wurden und zukünftig noch werden.

 

Zwei Heilslinien

 

  Der Apostel Paulus lehrt, dass von Abraham zwei Heilslinien ausgehen. Lesen wir Römer 4:11b und 12: »Er sollte Vater aller in Unbeschnittenheit Glaubenden sein, damit ihnen die Gerechtigkeit angerechnet werde; ebenso Vater der Beschneidung all derer, die nicht allein aus der Beschneidung sind, sondern auch in den Fußtapfen des Glaubens (den unser Vater Abraham in Unbeschnittenheit hatte) die Grundregeln befolgen.« Paulus unterscheidet säuberlich: In Bezug auf die Unbeschnittenen, die Nationen, führt er nur den Glauben an. Bei Israel hingegen deutet er mit den Fußtapfen des Glaubens den tätigen Glauben an und spricht in unabdingbarer Weise von dem Befolgen der Grundregeln. - Jakobus stimmt damit überein, der nicht an uns, sondern an die zwölf Stämme Israels schrieb und dessen Brief heute, in der Verwaltung der Gnade Gottes, keine direkte Gültigkeit für uns hat.

 

Rahab

 

  Betrachten wir noch die letzten Verse 25 und 26: »Gleicherweise aber auch die Hure Rahab; wurde sie nicht aus Werken gerechtfertigt, weil sie die Boten beherbergte und diese auf anderem Weg entkommen ließ? Denn ebenso wie der Körper ohne Geist tot ist, so ist auch der Glaube ohne Werke tot.« Die Hure Rahab hatte auch Glauben, sonst hätte sie dieses Werk nicht getan. Sie glaubte, dass der Gott Israels der Allmächtige ist, der in Ägypten und gegenüber den Amoritern Seine Treue zu Israel durch Machttaten erwiesen hatte (Jos.2:1-11). Rahab hatte gerecht gehandelt - Gottes Vorsatz mit Israel gemäß - und wurde daher für gerecht erklärt.

 

Der tote Glaube

 

  In Vers 26 zieht Jakobus den Tod des Menschen zum Vergleich für einen toten Glauben heran: Ein Körper ohne Geist ist tot. Wir wissen, dass das Sterben die Umkehrung des Schöpfungsprozesses ist. Wenn Gott Seinen Geist zurückzieht, kehrt der Körper wieder zum Erdreich zurück und die Seele - sie ist das Bewusstsein - ist nicht mehr; sie ist im Ungewahrten (hebr. scheol, griech. hades); von ihr ist nichts mehr wahrzunehmen (Pred.9:5,10; 12:7; Ps.104:29; 115:17; 146:4; Dan.12:13; Luk.23:46; 1.Kor.15:18). »Ebenso wie der Körper ohne Geist tot ist, so ist auch der Glaube ohne Werke tot« - diese Aussage belehrte die Juden damals, dass das Werk das Zeichen der Lebendigkeit des Glaubens war. Der Glaube, der ohne Werke blieb, war nicht der bei Israel gesuchte.

  Glaubt und wirkt, sodass ihr gerettet werdet! - Das war das Evangelium der Beschneidung; das war die frohe Botschaft in der pfingstlichen Heilsverwaltung. - Wirket eure Rettung aus! (Phil.2:12), sagt das uns angehende Evangelium uns, die Gott bereits gerettet und berufen hat, und zwar nicht nach unseren Werken, sondern nach Seinem eigenen Vorsatz und der Gnade, die uns in Christus Jesus vor äonischen Zeiten gegeben ist (2.Tim.1:9).

 

Kontraste

 

  Abschließend sei der Jakobusbrief nochmals ganz allgemein angesprochen: Beim Lesen gewinnt man den Eindruck, dass eine ungezügelte Zunge, Fluchen, Eifersucht, Streit und Zank unter den zwölf Stämmen weit verbreitet waren. Eigentlich sollte ein solch niedriger sittlicher Allgemeinzustand unvorstellbar sein, zumal ja doch gerade gute Werke unbedingt zur Rettung erforderlich waren. Jedoch liest man, dass sie Freunde der Welt, Sünder, unreinen Herzens und doppelter Seele waren. Welch ein Kontrast ist das gegenüber den früheren Paulusbriefen an Gemeinden, die kurz vorher noch in Heidentum und Götzendienst wandelten. Die reine Gnade Gottes, unvermischt mit gesetzlichen Vorschriften und Ritualen, ist viel kraftvoller, einen Gott wohlgefälligen Wandel hervorzurufen, als all die eigenen Anstrengungen, veranlasst von dem Wunsch, die Rettung zu erlangen.

  Wie schreibt der Apostel Paulus an Titus im 2. Kapitel, Verse 11 bis 14? »Denn erschienen ist die Gnade Gottes, allen Menschen zur Rettung, sie erzieht uns, die Unfrömmigkeit und die weltlichen Begierden zu verleugnen, damit wir vernünftig, gerecht und fromm in dem jetzigen Äon leben mögen, ausschauend nach der glückseligen Erwartung und dem Erscheinen der Herrlichkeit des großen Gottes und unseres Retters, Jesus Christus, der Sich Selbst für uns dahingegeben hat, um uns von jeder Gesetzlosigkeit zu erlösen und für Sich ein Volk zu reinigen, das um Ihn her sei, einen Eiferer für edle Werke.« - Unser Erzieher ist die Gnade!

Dieter Landersheim

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